Immanuel Kant (1724 - 1804). Kants Erkenntnistheorie (Epistemologie) wurde durch die Neurowissenschaften weitgehend bestätigt. Kants hat damit einen ähnlichen Status wie Albert Einstein. Einsteins Relativitätstheorie war zunächst eine bloße Theorie ohne gesicherte Messergebnisse. Einstein erlebte im Gegensatz zu Kant jedoch die Bestätigung seiner Theorie schon vier Jahre nach der Veröffentlichung seiner Arbeiten zur Allgemeinen Relativitätstheorie 1915. Während der Sonnenfinsternis vom 29. Mai 1919 bestätigten Beobachtungen Arthur Eddingtons, die Ablenkung des Lichts eines Sterns durch das Schwerefeld der Sonne ( Wikipedia/Albert_Einstein ).

Immanuel Kant erlebte die Bestätigung seiner Erkenntnistheorie nicht mehr, diese erfolgte erst mit den Neurowissenschaften in späten 20. Jahrhundert.

Kants Erkenntnistheorie:
Kants wusste, dass das, was an unsere Sinne gelangt zunächst ein undefiniertes Gewirr an Informationen ist, einem abstrakten Gemälde gleich.


Bildquelle: Wikimedia, Adolf Hölzel, Abstraktion II, 1915/16. Staatsgalerie Stuttgart

Kant nannte das eine Anschauung. Etwas also, das begrifflich nicht definiert ist, in unserem Bewusstsein aber als Struktur erfasst wird und etwa Empfindungen auslöst. ( "Die Wirkung eines Gegenstandes auf die Vorstellungsfähigkeit, so fern wir von demselben affiziert werden, ist Empfindung." KdV )

Unser Bewusstsein legt nun in dieses Gewirr bestimmte Schemata hinein. Zunächst erkennen wir in der Bildmitte das Schema eines Mannes, der mit einem Mantel bekleidet ist. Der Mantel setzt sich aus verschiedenfarbigen Dreiecken und Vierecken zusammen. Ein Kopf ist zu erkennen.
Nun werden bestimmte Begriffe abgerufen. "Mensch", "Tier". Der Kopf passt jedoch nicht zu einem Menschen, es ist eher ein Tierkopf. Nun wird der Begriff hinzugefügt. Es könnte ein Tiermensch sein. Ein Tier mit einem Menschenleib.

Optische Täuschungen und Illusionen zeigen diesen Sachverhalt deutlich. Da konkurrieren um die Anschauung (Liniensalat) mehrere Begriffe und man kann dann umschalten, je nachdem was man sehen möchte.

Die Abfolge dieser Reizverarbeitung ist immer gleich.
Die "Sinnlichkeit" liefert Strukturen. Über diese werden Schemata gelegt. Über die Schemata werden Begriffe gelegt und weiterhin werden mithilfe von logischen Bausteinen, den Kategorien ( Kantsche Kategorien ) Erkenntnisse ( Urteile ) gewonnen.

a priori
Dies alles, also die Schemata, die Begriffe, die Kategorien, müssen vorher schon ( a priori ) da sein, bevor sich Erkenntnis vollzieht.

Das "Ding an sich"
Das Besondere ist, dass der gesamte Erkenntnisprozess in uns stattfindet. Es ist unser Bewusstsein, welches die Welt erst zu dem macht, was sie ist. Man muss sich nun fragen, was ist denn nun tatsächlich da draußen, außerhalb der Rezeptoren unserer Sinne? Kant nennt es das "Ding an sich", darüber können wir nichts aussagen und danach wird im Erkenntnisprozess nicht gefragt. Eine schockierende Aussage. Klar ist aber schon eines, nämlich, dass es da draußen keine Farben gibt. Die interpretiert unser Sinnesapparat und das Bewusstsein in die Reize hinein. Auch die Elektronen, die um die Atomkerne schwingen, sind keine "Dinge", sondern Räume, in denen sich Elektronen mit definierter Wahrscheinlichkeit befinden. Von einem Objekt, ob als Welle oder als Teilchen kann nicht gesprochen werden, solange nicht durch Messung eingegriffen wird. Wird aber gemessen, so kollabiert dieses Etwas zu einer Welle oder einem Teilchen. Wir befinden uns also in einem Quantenraum, der reinen Potenzialität. Diese Erkenntnis liefert die Quantentheorie und sie war ebenso ein Schock wie Kants Erkenntnistheorie. Beide zusammen klären aber nun, dass wir nicht in einer Welt der Objekte leben, sondern in einem Bewusstseinsraum.

Die Festlegung auf das Gehirn als alleinigen Träger des Bewusstseins, mit der Optoion eines zufälligen Entstehens durch den evolutionären Prozess, lehne ich nicht nur ab, ich halte sie für schädlich. Siehe dort: Quanten als Träger globalen Bewusstseins

Kants Bestätigung
Der Beitrag aus der Sendereihe Philosophie im Hirnscan Manuskript: Die Welt, wie sie scheint gibt einen Überblick über den Stand der Neuro- und Kognitionswissenschaften. Zeigt aber auch wie diese neuen Disziplinen Kants Philosophie bestätigt sehen.
Thomas Metzinger, deutscher Philosoph und Professor für theoretische Philosophie an der Universität Mainz sagt etwa: "Ich denke, dass es gerade im Moment eine sehr aufregende Phase ist, in der viele der ursprünglichen Einsichten, gerade von Kant, genauer und auf eine präzisere und auch empirisch fundierte Weise reformuliert werden."

Philipp Sterzer, Wahrnehmungspsychologe an der Berliner Charité sagt: "Der Philosoph spricht von a priori, übersetzt "der frühere". Gemeint ist, dass diese Strukturen schon vor jeder Wahrnehmung bereitstehen. Die Entscheidenden a priori waren für Kant Raum und Zeit. Beide Größen seien nicht einfach so in der Wirklichkeit vorhanden, vermutete er. Das Gehirn konstruiere sie. Tatsächlich glaubt Georg Northoff (Georg Northoff (* 1963 in Hamburg) ist ein deutscher Mediziner und Philosoph. Er gilt als bedeutender Vertreter der Neurophilosophie.), entsprechende Strukturen im Gehirn sehen zu können. Am Institut für Geist, Bildgebung des Gehirns und Neuroethik im kanadischen Ottawa versucht er zu verstehen, wie Nervennetze Zeit und Raum erzeugen."
Sendereihe Philosophie im Hirnscan Manuskript: Die Welt, wie sie scheint

Siehe dazu: Kants Begriff von Raum und Zeit
Und auch: Bewusstsein als Problem der Wissenschaft