Dschalāl ad-Dīn Muhammad ar-Rūmī – kurz Rumi genannt, arabischer Mystiker

"Ich versuchte, ihn zu finden am Kreuz der Christen, aber er war nicht dort.
Ich ging zu den Tempeln der Hindus und zu den alten Pagoden, aber ich konnte nirgendwo eine Spur von ihm finden.
Ich suchte ihn in den Bergen und Tälern, aber weder in der Höhe noch in der Tiefe sah ich mich imstande, ihn zu finden.
Ich ging zur Kaaba in Mekka, aber dort war er auch nicht.
Ich befragte die Gelehrten und Philosophen, aber er war jenseits ihres Verstehens.
Ich prüfte mein Herz, und dort verweilte er, als ich ihn sah.
Er ist nirgends sonst zu finden."
Dschalal ad-Din Muhammad Rumi (1207 - 1273)

"Wir sind wie eine Schüssel auf dem Wasser. Die Bewegung der Schüssel auf dem Wasser wird nicht von der Schüssel, sondern vom Wasser bewirkt."
Dschalal ad-Din Muhammad Rumi (1207 - 1273)

Der Mystiker sagt uns damit, dass es nicht unser unmittelbarer Wille ist der unser Leben in eine bestimmte Richtung treibt, sondern tiefergehende Kräfte, vergleichbar mit Meeresströmungen. Dabei steht das Meer als Metapher für den Weltgeist (Hegel)

"Der Begriff Weltgeist als metaphysisches Prinzip ist zunächst bekannt als Zentralbegriff der spekulativen Philosophie Hegels: Für ihn ist die gesamte historische Wirklichkeit, die Totalität, der Prozess des Weltgeistes. Dadurch realisiere sich der „Endzweck“ in der Weltgeschichte, und zwar die „Vernunft in der Geschichte“.[1] Mit dieser Ansicht knüpfte er an die von Schelling erstmals publizierte Weltgeisttheorie an.

In Napoleon z. B. sah er ihn exemplarisch verkörpert. Hegel sah in Napoleon die „Weltseele zu Pferde“, später oft verändert in das Wort vom „Weltgeist zu Pferde“."
Wikipedia/Weltgeist

Soll nicht heißen wir wären bloßer Spielball fremder Kräfte. Vielmehr weist Hegel in seiner "Phänomenologie des Geistes" nach, dass unser Bewusstsein unmittelbar an den Weltgeist gekoppelt ist. Unser Schicksal ist damit an das kollektive Schicksal (Weltgeist) gekoppelt und vieles läuft unbewusst ab.

Man kann sich dieser Interpretation auch über den Begriff "Karma" annähern. Karma (Sanskrit) bedeutet Charakter, aber auch Schicksal. Wie also der Charakter ist, so ist das Schicksal. Die Anteile unseres Charakters, die unwillkürlich ablaufen und sich somit aus dem Unbewussten speisen, sind maßgeblich dafür verantwortlich, welchen Weg unser Leben nimmt. Das gilt für den Einzelnen, wie für Gruppen ähnlichen Charakters. C.G. Jung nahm aufgrund seiner umfassenden psychologischen Erfahrungen an, dass es soetwas wie ein kollektives Unbewusstes geben muss. Dieser Begriff zielt genau in diese Richtung und komplementiert die Auffassung, dass es auch ein kollektives Schicksal geben muss, ( Siehe auch Zahl - Seele - Kosmos ).

Diese Deutung spielt in den Bereich der Fragen um die Freiheit des Willens hinein und besagt etwa, dass der Wille des Menschen frei ist, dass er aber durch unbewusste Wirkmechanismen erheblich eingeschränkt wird. Dies jedoch nicht ausschließlich über fremde Einflüsse, sondern über kollektive unbewusste und ähnliche Wirkkräfte, die sich etwa wie Einzelströmungen zu einer Gesamtströmung zusammenschließen und dann schicksalhaft erscheinen.

Die Deutung des Ausspruchs Rumis, führt über Hegel, den Karmabegriff des Hinduismus und C.G. Jung zu einer konsistenten Interpretation. Es scheint daher, dass Mystiker aller Kulturen und Zeiten über ihre jeweilige religiöse Abkunft hinaus, universelle Wahrheiten erkannten.

Das gilt natürlich auch für die aktuelle Situation in Deutschland. So etwa sind Entscheidungen von Regierungsoberhäuptern immer auch, Ergebnis kollektiver Prozesse. Die Flüchtlingskrise hätte es nicht gegeben, wäre nicht eine entsprechende Stimmung in der Bevölkerung (Willkommenskultur) da gewesen. Letzteres hat etwas mit der deutschen Vergangenheit zutun.

Ich bin mir daher nie ganz sicher, ob auch internationale Bewegungen Ausdruck solcher unbewusster Strömungen sein könnten. Ob also sogenannte Verschwörungstheorien nicht etwa eine Ahnung davon vermitteln, wie die kollektiven Großwetterlagen aussehen, manchmal verzerrt, manchmal logisch erscheinend.
Siehe auch Unsere Zukunft

Das alte Testament, insbesondere das neue Testament ist voller Aussagen mit tiefenpsychologischem Gehalt. Diese Texte dürfen niemals in der Enge theologischer Deutungsgrenzen gelesen werden.
"Weil du aber lau bist und weder kalt noch warm, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde."
Johannes 3,16
-> Biedermann und die Brandstifter (Max Frisch 1963)
-> Super Reich mit humanitärer Geisteshaltung? (2)