Herkunft: "Der deutsche Ausdruck „Moral“ geht über das französische morale auf das lateinische moralis (die Sitte betreffend; lateinisch: mos, mores Sitte, Sitten) zurück, das im von Cicero neugeprägten Ausdruck philosophia moralis als Übersetzung von êthikê (Ethik) verwendet wird."
Wikipedia/Moral

Schon in der Herkunftsdefinition gibt es zwei Aspekte: Einerseits gehört das Tötungsverbot zum moralischen Grundkontext vieler Religionen und scheint unbestritten universell gültig zu sein. Dabei wird übersehen, dass beinahe jede Tiergattung im Kampf ums Überleben tötet. Auch der menschliche Körper überlebt nur, wenn er Bakterien und Viren abtötet und jeder Mensch hat das Recht, sein Leben zu verteidigen und nötigenfalls zu töten, wenn er angegriffen wird.

Es kann also keine absolute moralische Regel geben.

"Moral beschrieb ursprünglich vor allem, wie Menschen faktisch handeln und welches Handeln in bestimmten Situationen erwartet bzw. für richtig gehalten wird. Dieser deskriptive Bedeutungsaspekt einer Moral wird auch als Sittlichkeit oder Ethos bezeichnet und umfasst „regulierende Urteile und geregelte Verhaltensweisen“, ohne dass die rationale oder moraltheoretische Rechtfertigung derselben beurteilt oder bewertet wird. Eine solche Beurteilung wird als „Reflexionstheorie der Moral“ oder „Ethik“ bezeichnet."
Wikipedia/Moral

So entpuppt sich "Moral" per Definition, als das, "wie Menschen faktisch handeln und welches Handeln in bestimmten Situationen erwartet bzw. für richtig gehalten wird." Das beinhaltet auch, dass jede Relativierung, jede Reflexion und Beurteilung spezifischer Umstände entfällt. Moralisches Handeln wird nicht hinterfragt, außer in der „Reflexionstheorie der Moral“ oder „Ethik“. Moral ist etwas Apodiktisches. Wir gelangen in den

Deskriptiven Moralbegriff
"In deskriptiver Verwendung beschreibt „Moral“ eine Handlungsregelung, die für eine Gesellschaft, soziale Gruppe oder ein Individuum leitend ist."
Wikipedia/Moral

Damit unterteilt die Moral die Menschen in zwei Gattungen. In die Guten, die der Moral folgen und die Bösen, welche den Moralbegriffen nicht entsprechen.

Damit wird die Moral zur Unmoral, die bestimmte Gruppen als unmoralisch abstempelt und bekämpft. Als unmoralisch galt es in der NS-Zeit, Juden zu schützen, um sie dem staatlichen Zugriff zu entziehen. Als moralisch galt es in der Sowjetunion jede antisozialistische Äußerung zu melden. Auch dann, wenn der Beschuldigte in den Gulag verbannt wurde. Moral wird von jeder Gesellschaft traditionell oder neu aufgrund politischer Vorgaben definiert.

Dieser Moralismus (deskriptive Moral) kennzeichnet unsere Gesellschaft in zunehmendem Maße und führt zur Ausgrenzung von Parteien, Gruppen und einzelnen Menschen unter dem Deckmantel der Moral und des Guten, welches stets das Böse als Verurteilung, Ausgrenzung und Entwürdigung der vermeintlich unmoralischen Menschen hervorbringt. Moral unterbindet jede Diskussion und jede Abwägung. Jede Art von Gewaltherrschaft gründet auf Moralismen.

Der sprichwörtliche Sündenbock, eine mit Moral aufgeladene Allegorie.

"Der Sündenbock spielte bis zur Zerstörung des Jerusalemer Tempels (70 nach Christus) in der Liturgie des Großen Versöhnungstages eine besondere Rolle: Er wurde, symbolisch beladen mit den Sünden des Volkes Israel, in die Wüste geschickt und diente der jährlichen Versöhnung zwischen Gott und Mensch."
wikipedia/sündenbock

"Sündenbock, eine Person, die stellvertretend für andere Personen für ein unangenehmes Ergebnis, Vergehen, Mißerfolg u.a. verantwortlich gemacht wird. Durch das Finden eines vermeintlich “Schuldigen” (des “Sündenbocks”) wird auf dessen Kosten das Selbstwertgefühl erhöht oder die Gruppenkohäsion erhalten."
Spektrum, LEXIKON DER PSYCHOLOGIE, Sündenbock

Meist ist es ein Mensch oder eine Gruppe, die mit den "Sünden" der Mehrheit beladen wird und dann in die "Wüste" geschickt, d.h. ausgestoßen und isoliert wird. Der "Sündenbock" trägt die Schuld der anderen, will heißen, er stellt etwas dar, was die Mehrheit nicht will, nicht sehen will und moralisch verurteilt.

Das Framing: "Sie sind eine verschworene Gruppe, eine Sekte, die ihrem Guru (und einem kleinen Kreis seiner Getreuen) blind folgt" schreibt Olaf Sundermeyer in einem Kommentar zur Querdenkerszene beim rbb vom 2.8.2021. Der Artikel ist ein glänzendes Beispiel für Ausgrenzung, Stigmatisierung, kurz das Sündenbock-Phänomen. Eingangs wird darüber berichtet, dass es bei einer Demo zu 600 Festnahmen kam. Ein guter Einstieg, um dem Leser klar zu machen, hier geht es um etwas Illegales außerhalb unserer Normen außerhalb unserer Regeln und unserer Gesellschaft. Der Verschwörungsjäger Sundermeyer resoniert über die Gewalttätigkeit der Demonstranten als Mittel um Aufmerksamkeit. Die Querdenker-Demos waren jedoch alles nur nicht gewalttätig. Gewalt hingegen kennen wir von linken Demonstranten in dieser Republik, man denke etwa an die Demonstrationen um den G20-Gipfel in Hamburg. Sie, die Querdenker, die sich selbst nicht so bezeichnen wollen leisten "Widerstand gegen den Rechtsstaat".

Mit keinem Wort wird auf die Kritik die Inhalte der Demonstranten eingegangen. Das ist ein klares Signal. Hier geht es um den "Sündenbock", der mit den Sünden der Kritik an der Regierung, an der Mehrheit an der Gesellschaft beladen in die Wüste entsandt wird, um sich mit dem Gott des Opportunismus zu versöhnen. Es gibt inzwischen hunderte ja tausende solcher Auswürfe von Moral und Gutmenschentum in der Medien-Landschaft. Diese Zeit ist davon geprägt.



Die Furcht des Massenmenschen vor Vereinzelung: Letztlich steht hinter dem Sündenbock die Furcht vor der Vereinzelung. Er ist negativer Ausdruck der Moralklammer einer Gesellschaft. Die Ausgrenzung soll die Grenze betonen, hinter der sich die moralische Gesellschaft verschanzt. Denn zur Moral gehört unweigerlich die Unmoral. Es sind die zwei Seiten einer Medaille.

Hagazussa althochdeutsch für Hexe kommt von althochdeutsch hag ‚Zaun, Hecke, Gehege‘. Auch die Hexe ist eine Allegorie für die Frau, die auf der Hecke, auf dem Zaun sitzt und die Zivilisierte von der unzivilisierten Welt trennt.

Es kommt jedoch für jeden der Tag, an dem er sich zu entscheiden hat, ob er den Weg der Masse oder den Weg der unvermeidlichen "Individuation" (C.G. Jung) gehen will oder muss. Siehe dazu auch: Symbolik der Zahl 11