Wenn wir das Wort Alphabet sprechen, so klingt darin noch immer die hebräische Herkunft an. In Israel heißt das Alphabet Aleph-Beth und benennt die ersten beiden Zeichen der hebräischen Schrift, die genau 22 Zeichen kennt.

Vorläufer dieser Schrift war das Phönizische, das ebenfalls genau 22 Zeichen kannte. Sowohl das Phönizische wie auch das Hebräische sind Buchstaben-Alphabete, genauer Konsonanten-Alphabete. Die älteste Funde datieren auf das 17. oder 16. Jahrhundert v. Chr. (Haarmann, Harald, Universalgeschichte der Schrift, 2. Aufl. Frankfurt, 1991, S.269). Konsonantenalphabete nannte man sie, weil die keine Selbstlaute kannten. Diese wurden zwar mitgesprochen, aber nicht geschrieben.

Alle älteren Schriften waren Zeichen- oder Silbenschriften, wie etwa das Ägyptische, das Chinesische, die Keilschriften, das Linear A und B. Aber keine dieser Schriften waren Alphabete, wo ein Buchstabe nur einen Laut repräsentiert.

Keines dieser älteren Schriftsysteme spielte eine dominierende Rolle im Phönizischen, obwohl Einflüsse nachweisbar sind (O.a.a., S. 267). Es handelt sich also um eine eigenständige Entwicklung. "Der Entwicklungssprung zu den Alphabetschriften ist groß." (O.a.a., S. 267).

Das Phönizische ist Vorgänger des Hebräischen. Vom Hebräischen stammen alle Alphabete der Welt ab. Indische, das Arabische, das Lateinische, das Griechische. Vom Griechischen kommt das Kyrillische. Die Runen verloren mit der Zeit ihre wahrsagerische Bedeutung. Aus den Runen wurden unter dem Einfluss anderer Alphabete ebenfalls ein Alphabet.

Tacitus (55 - 120 n. Chr.) setzt sich mit der Überlieferung dieser Schrift auseinander: "Als erste stellten die Ägypter die Begriffe durch Figuren von Tieren dar; diese ersten Denkmäler menschlicher Erinnerung sind noch in Steine eingeschnitten zu sehen, sie geben sich als Erfinder der Schrift aus. Von ihnen sollten die Phöniker, weil sie das Meer beherrschen, die Schrift nach Griechenland gebracht und den Ruhm erlangt haben, als hätten sie erfunden, was sie nur übernommen hatten." (Annales XI, 14) Zitiert in (Haarmann, Harald, Universalgeschichte der Schrift, 2. Aufl. Frankfurt, 1991, S.273).

Nach Tacitus haben die Phönizier also ihre Schrift von den Ägyptern erhalten. Da aber die Ägypter nur ihre Hieroglyphen veröffentlich haben, muss es in den ägyptischen Priesterschulen eine geheime Tradition jener 22 Zeichen gegeben haben, die nur die Priester kannten und die nie öffentlich wurde.

Die 22 Zeichen der phönizischen, später der hebräischen Schrift mussten also eine geheime Bedeutung gehabt haben. In späterer Zeit wurden diese 22 Zeichen auch als Zahlen verwendet. Jeder Buchstabe war auch eine Zahl. Die Zuweisung von Laut, Zahl und Bedeutung wurde in der jüdischen Tradition der Kabbala weiterentwickelt. Die beiden zentralen Werke der Kabbala sind Sepher Jezira (Buch der Schöpfung) und Sepher ha Sohar (Buch des Glanzes).

Später wurden den 22 Karten der großen Arkana des Tarot die 22 Zeichen des hebräischen Alphabets zugewiesen. Elisabet Haich erläuterte als erste Autorin anhand der 22 Karten die Stufen der Bewußtwerdung (Tarot, die zweiundzwanzig Bewusstseinsstufen des Menschen).
Siehe auch: Die Chymische Hochzeit, das dritte große Rosenkreuzermanifest

Wie im Sepher Jezira beschrieben, bringt jeder Buchstabe eine Grundkraft hervor. Danach gibt es drei Zeichen, die Mütter genannt werden, sieben Zeichen, die den Planetenkräften und zwölf, die den Tierkreiszeichen entsprechen.